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Team Energiewende Bayern: Themenwochen Strom

Führung der KWH im Soyenseekraftwerk

Das Gemeinschaftsprojekt „Team Energiewende Bayern“ des Bayerischen Wirtschaftsministeriums macht das Jahr 2021 zum Jahr der Energiezukunft. Nach den Mobilitätswochen im April gingen die Themenwochen im Juli in die zweite Runde: von 12. bis 25. Juli hieß es nun »Strom – im Team die Energiezukunft elektrisieren«. Für eine klimaneutrale Energiezukunft muss jeder Einzelne seinen Beitrag leisten und Teil des Teams werden.

Der Markt Haag i. OB bietet während der Themenwochen in Zusammenarbeit mit Hans Urban, Fachberater für Erneuerbare Energie & E-Mobilität, und den Kraftwerken Haag (KWH) verschiedene Aktionen und Informationsmöglichkeiten für die Bürger und Nachbarkommunen.
Im Zuge der Stromwochen referierte Hans Urban in einem Webinar zum Thema „Energiewende im Stromnetz – Energiewende im eigenen Haus“.

Als regionaler Stromerzeuger setzen die KWH vermehrt auf regenerative Energiequellen, deren Anteil bereits mehr als 60 % des unmittelbaren Netzabsatzes beträgt. Im Rahmen der Stromwochen boten die KWH eine Führung in ihrem Wasserkraftwerk Vorderleiten in der Gemeinde Soyen.

Strom aus der Heimat

Lorenz Wieser von den KWH, sozusagen „Hausherr“ des Wasserkraftwerks, startete die Führung am 48 Hektar großen, durch das Abschmelzen des Inngletschers entstandenen Soyensee und tauchte zuerst in die Geschichte ein. Franz Xaver Mittermaier aus Isen war auf die Idee gekommen, dass man, wenn man den Soyensee mit dem Inn verbinden würde, dadurch ca. 50 Meter Höhenunterschied nutzen und regional Strom erzeugen könnte - und dadurch unabhängig vom Ruhrgebiet werden würde. So wurde vor 100 Jahren, am 28.09.1921, die Kraftwerke Haag AG gegründet. Schon im Dezember 1923 wurde das Kraftwerk Vorderleiten (Soyenseewerk) in Betrieb genommen.

Der Soyener See ist Speicher- und Badesee zugleich. Bei der Versorgung des Kraftwerks zu Spitzenlastzeiten wird durch die Zuleitung des Laugen- und Nasenbaches der Pegel des Sees konstant gehalten. Das Seewasser gelangt über einen 2,2 Kilometer langen Stollen in 60 – 70 Metern Tiefe unter Soyen hindurch zum Kraftwerk.

Sie läuft und läuft und läuft - 100 Jahre alte Ingenieurskunst

In Vorderleiten zeigte Lorenz Wieser zuerst das Fallrohr, welches insgesamt die knapp 50 Meter  Höhenunterschied überwindet und einen Durchmesser von 1,5 Metern besitzt. Hat das Seewasser die Innkante erreicht, strömt es mit 5 bar Druck durch die stählerne Leitung hinab. 3000 Liter Wasser treiben so pro Sekunde die Turbinen des Kraftwerks an. „In der Regel laufen eine oder zwei der drei Turbinen, pegelabhängig können aber auch schon mal alle drei im Einsatz sein“, erklärt Wieser. Im Anschluss fließt das Wasser in den Inn.
Im Maschinenhaus zeigt Wieser die Turbinen: „Die zwei kleinen Turbinen sind aus dem Jahr 1923, die große Turbine wurde 1927 zusätzlich errichtet. Alle schwarzen Teile sind noch original!“ Im Zuge der Automatisierung 1993 seien die blauen Teile eingebaut worden, zuvor hätte man alles noch von Hand eingestellt.

Die drei Turbinen und Generatorensätze erzeugen bei einer maximalen Leistung von 950 kW jährlich ca. 2,8 Mio. kWh Strom. Dieser deckt einen Anteil von ca. 3 % des Gesamtverbrauchs im Netzgebiet der KWH.

Dr. Florian Haas, Dritter Bürgermeister der Marktes Haag i. OB, bedankte sich bei den KWH für die Kraftwerksführung. „Wir befinden uns in einer umwälzenden Zeit und müssen dringend auf regenerative Energien umstellen. Regionale Produkte werden in allen Bereichen immer wichtiger – und so ist es auch beim Strom. Als Kommune muss man es wertschätzen, ein Kraftwerk am Ort zu haben – und als Bürger auch. Wir wünschen den KWH in dieser herausfordernden Zeit alles Gute und viel Glück für die nächsten 100 Jahre.“

 Der Geschäftsführer der KWH, Dr. Ulrich Schwarz, zeigte sich beeindruckt von der Pionierleistung von damals. „Was damals gebaut wurde, läuft heute immer noch.“
Die Energiewende sei eine Herausforderung für die Gesellschaft und die KWH. „Und dabei spielt das Wasserkraftwerk eine immer größere Rolle“, meint Dr. Schwarz. Der Klimawandel biete aber auch Möglichkeiten. So steige einerseits die Nachfrage nach E-Mobilität, auf der Netzseite seien aber auch Investitionen im zweistelligen Millionenbereich in den nächsten fünf bis zehn Jahren erforderlich. Im Bereich „Speicher“ sei noch viel Forschung notwendig. „Die Frage wird sein, wie wir den regenerativ erzeugten Strom speichern und zur Verfügung stellen können, wenn er gebraucht wird.“

Auch Energieexperte und Umweltreferent Hans Urban hält ein Umdenken in Bezug auf den Klimawandel und die Energieversorgung für dringend nötig. „Wir haben keinen Klimawandel, sondern eine Klimakatastrophe. Wir brauchen stabile klimatische Verhältnisse – und dafür müssen wir dringend etwas tun.“  Als signifikante Themen hob Hans Urban die Mobilität, die Stromerzeugung- und Netze sowie regenerative Wärmequellen hervor. „Im November finden dazu die „Themenwochen Wärme“ des Team Energiewende Bayern statt. Auch da werden wir wieder ein Programm bieten.“

(von links): Dr. Florian Haas (Dritter Bürgermeister Haag), Sebastian Linner (Bürgermeister Rechtmehring), Franz Stein (Bürgermeister Ramsau-Reichertsheim), Hans Urban (Umweltreferent Haag & Energieberater), Dajana Hornuff (KWH), Josef Allio (Klimamanager Wasserburg), Sebastian Dütsch (KWH), Thomas Weber (Bürgermeister Soyen) und Lorenz Wieser (KWH)
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